Als Vater von vier erwachsenen Kindern möchte ich besonders die werdenden bzw. gewordenen Väter unterstützen. Denn Ihre Anwesenheit und emotionale Begleitung während und
nach der Schwangerschaft hilft dem Wohlergehen der Mutter, und lässt Sie intensiv zur Welt des Kindes gehören.
Übergang
Mit einer Schwangerschaft wird Ihre Beziehung zur Partnerin in vielfältiger Weise beeinflusst. Vielleicht bestehen Wünsche und Ängste, die zur Klärung etwas Zeit brauchen.
Aufgrund der psychischen, hormonellen und körperlichen Veränderungen macht die Frau oft sehr schnell wechselnde Stimmungen durch. Nicht alle Männer sehen diese Entwicklung mit Begeisterung. Die eigenen Bedürfnisse müssen vielleicht eine Weile in den Hintergrund treten. Seine «starke» Frau steht plötzlich vor verschiedenen Problemen und braucht eine starke Schulter um anzulehnen. Vielleicht zieht sie sich auch ungewohnt zurück, was aber nicht heisst, dass sie auf Zärtlichkeit und Nähe verzichten will. Doch der Partner fühlt sich eventuell vernachlässigt. Vaterwerden bedeutet für viele Männer, neue Gefühle und Gedanken zu erleben.
Sie selbst befinden sich im Übergang von der Identität eines Partners zur Identität eines Vaters. Dies braucht Zeit, manchmal mehr als man erwartet. Häufig braucht es die Bewusstheit, dass die
eigene Familie nun emotional wichtiger wird als die Ursprungsfamilie. Ihre Eltern werden aus der Verantwortung entlassen und dürfen in aller Ruhe «Grosseltern» werden.
Die Geburt des Vaterseins geht der Geburt des Kindes voraus und ist ein Prozess bei dem die ganze Lebenssituation neu geordnet wird.
Heute sieht die Rolle des Vaters glücklicherweise auch emotionale Aufgaben vor. Noch vor zwei Generationen war der Vater kaum an Erziehungsaufgaben beteiligt, ausser Haus und zuständig für
den Lebensunterhalt der Familie.
Dreisamkeit
Die Anwesenheit und Emotionalität des werdenden Vaters schon während der Schwangerschaft hilft dem Wohlergehen der Schwangeren, und so gehört er intensiv zur Welt des ungeborenen Kindes. Die
eigene Haltung zur Vaterschaft wirkt sich auf die Beziehungsdynamik in der Dreierbeziehung aus.
In einer unterstützenden Beziehung entwickelt sich das Kind emotional und physisch schon während der Schwangerschaft sicherer!
Mit der Schwangerschaft verändert sich die Beziehung zweier Partner. Die Aufmerksamkeit wird aufgeteilt auf drei Personen: auf sich selbst, auf das Baby und den Partner. Bewusstheit und
Verständnis für diese geteilte Aufmerksamkeit werden nötig. Freude, aber auch Sorgen, Träume und Ängste sollten Sie Ihrer der Partnerin mitteilen. Vielleicht zieht sie sich auch etwas zurück, was
nicht bedeuten muss, dass sie nicht Ihre Gefühle erfahren möchte oder Ihre Gefühle aushalten könnte.
Trotzdem haben Sie als werdender Vater eine grosse Verantwortung. Ihr Verhalten, Ihre Emotionalität beeinflussen den Bindungsaufbau zu Ihrem ungeborenen Kind. Durch die Zuneigung
zu Ihrer Partnerin fördern Sie zudem die Entwicklung einer sicheren Bindung zwischen Mutter und Kind. [Jellouschek, H. (2011): Achtsamkeit in der Partnerschaft. Was dem Zusammenleben Tiefe gibt.
Freiburg i. Br., Kreuz-Verlag].
Von der 28.SSW an sind die Reaktionen des Babys auf Geräusche sehr beständig. Sie unterscheiden die Tonhöhe und den Sprechrhythmus. Der Vater muss deutlich und etwas höher sprechen als gewohnt.
Das Baby quittiert auch die Kontaktaufnahme über den Bauch, was durch entsprechende Wölbung der Bauchhaut erkennbar wird. Dieser Kontakt ergibt auch mit der Partnerin ein «Zwiegespräch».
Hier wirkt letztlich ein Resonanzphänomen: Je entspannter und gelassener die Eltern sind, umso entspannter und gelassener wird auch das Kind sein. [Burgess A., Fisher, D. (2008): Geburtshilfe und
Väter. In Schäfer E., Abou-Dakn M., Wöcke, A.: Vater werden ist nicht schwer? Giessen psychosozial, S.18ff.]
Dies wirkt sich positiv auf die Bewältigung von Stress-Situationen unter der Geburt oder in der Erziehung aus, indem sich die Partner wechselseitig entlasten können.
Auch körperliche Beziehung ist in einer normalen Schwangerschaft möglich. Erlaubt ist, was Spass macht. Manche Frauen sind endlich von der lästigen
Empfängnisverhütung befreit und fühlen sich anziehender denn je. Andere sind erschöpft oder leiden unter Übelkeit. Im zweiten Drittel der Schwangerschaft erleben viele Frauen ihre Sexualität
intensiver. Der Beckenboden wird besser durchblutet und die Liebe ist leidenschaftlicher zu spüren. Auch die meisten Männer finden ihre Partnerin mit einem Baby-Bauch erotisch. Es gibt keinerlei
Hinweise, dass Sie Angst haben müssten, dass Sie dem Kind schaden oder eine Frühgeburt riskieren könnten. Auch wenn das Kind sich nach dem Orgasmus vermehrt bewegt ist dies eher eine Reaktion auf
den erhöhten Blutdruck oder das laut klopfende Herz der Mutter. Die Hormone Oxytocin und Serotonin bewirken ihrerseits eine emotionale Ausgeglichenheit und Freude, das Kind wird „in den Emotionen
gebadet“.
Bei lebendiger Liebe sind beide Partner gerne zu Hause, was die Ansprechbarkeit für das Kind erhöht. Wenn eine grundlegende gegenseitige Akzeptanz der Eltern auf der Paar-Ebene
vorhanden ist, können Unterschiede im Umgang mit den Kindern ausdiskutiert werden. Die Kinder erfahren, dass verschiedene Wege möglich sind. Übereinstimmung der Eltern wird nicht in allen Fragen
bestehen und dies ist gut für das Ausprobieren und Finden des Kindes.
Eltern dürfen dazu ermuntert werden, als Paar unterwegs zu bleiben. Natürlich steht das Kind im Mittelpunkt, vor allem gegen Ende der Schwangerschaft oder in den ersten Monaten der Stillzeit. So
hat für einige Zeit die Eltern-Ebene gegenüber der Paar-Ebene Vorrang.
Eine übermässige berufliche Stress-Situation der Eltern kann die Pflege der Paar-Beziehung stark belasten. Angst und Stress während der Schwangerschaft hemmen die Entwicklung einer
Bindung zwischen Mutter, Vater und Kind. Ebenso werden durch die Stress-Belastung Komplikationen unter der Geburt wahrscheinlicher.
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Wenn Sie mehr Interesse an diesem Thema haben, dann können Sie hier meine Abschlussarbeit der Ausbildung zum Fachberater Emotionelle Erste Hilfe (EEH) herunterladen. Sie widmet sich ganz der «Leidenschaft Vaterschaft»: