Stillen
Die intensive Beziehung zwischen Mutter und Kind drückt sich vor allem im Stillen aus. Bestärken Sie Ihre Frau in dem Gefühl, dass sie stillen kann. Halten Sie ihr den Rücken frei. Das Kind wird
aber nicht nur gestillt, es wird auch gehalten, getragen, gebadet, in frische Windeln gepackt und später mit dem Löffel oder der Tasse gefüttert. In diesen Betätigungen können Sie von Anfang an
eine aktive Vaterrolle übernehmen. Was gibt es schon schöneres als beim Wickeln in Augenkontakt mit dem Kind zu kommen und mit ihm zu kommunizieren. Es wird Sie bereits in den
ersten Tagen bewusst anlächeln!
Urvertrauen
Lassen Sie sich nicht einreden, dass Sie Ihr Kind verwöhnen, wenn Sie immer auf sein Schreien reagieren. Durch Ihre grosszügige Aufmerksamkeit erhält es sehr viel Sicherheit und Vertrauen in sich
und die Umwelt. So wird es auch später fähig sein, selbst zu lieben und Rücksicht zu nehmen. Das Kind hat zwei grundlegende Bedürfnisse: ein Bedürfnis nach Zuwendung und dann eines nach
Sicherheit.
Das Gebiet der Gefühlsbeziehung zwischen Vater und Kind bleibt noch teilweise unerforscht. Die beste soziale Kompetenz haben aber immer die Kinder, die eine sichere Bindung an beide Eltern
haben.
Partnerschaft
Vor der Geburt hat man häufig romantische Vorstellungen vom Zusammenleben mit dem Kind. Doch sie werden sehen, dass Ihre bisherige Lebensweise sich stark verändert. Es findet eine enorme
Entschleunigung statt. Neue Prioritäten werden gesetzt. Sie als Vater haben nun ein Kind zuhause, das hohe Ansprüche der Betreuung stellt. Anfangs kommt auch die Zweisamkeit mit
Ihrer Partnerin zu kurz. Das Baby lebt mit seiner Mutter in einer Symbiose, die viele Tages- und Nachtstunden erfüllt. Diese erste Phase erleben Sie als Vater vielleicht etwas frustrierend.
Manche Männer entwickeln Eifersuchtsgefühle. Dem kann vorgebeugt werden: Wie immer es kommt, geniessen Sie die ruhigen Momente möglichst ohne Ablenkung. Oder wie im Kapitel Bonding beschrieben,
setzen Sie sich bei Stillen hinter Ihre Parterin.
Postpartale Depression des Vaters
Bis 10% der Männer erleben zwischen 3 und 6 Monaten nach der Geburt eines Kindes eine postpartale Depression. Zu beobachten sind Gefühle der Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, geringe
Selbsteinschätzung («ich bin ein schlechter Vater»), Schuldgefühle, Freud- und Lustlosigkeit, Gereiztheit, körperliche Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit sowie Angst.
[Paulson, J. et al (2006): Individual and Combined Effects of Postpartum Depression in Mothers and Fathers on Parenting Behavior. Pediatrics Vol 118 No.2 August, pp 659-668].
In einer Studie von Paulson erfüllten von 8400 Vätern sechs Prozent die Kriterien einer Depression [Paulson, J. (2010): Meta-Studie der Eastern Virginia Medical School in
Norfolk; Ergebnisse von 43 Studien, Befunde von rund 28‘000 Elternpaaren aus 16 Ländern. JAMA, Bd. 3, Nr.19].
Der Stress infolge von Ängsten («werde ich ein guter Vater sein? Wo bleibt meine Freiheit? Wie kommen wir finanziell über die Runden?») wird vergrössert durch die Problematik, dass Männer meist
dazu erzogen wurden, ihre Ängste nicht mitzuteilen. Sie ziehen sich zurück von Familie und Freunden und bekommen so nicht die nötige Unterstützung. Zudem reagieren sie häufig aggressiv und
feindselig. Aus diesem Grund bleibt ihre Depression unentdeckt.
Leidet die Partnerin an einer postpartalen Depression oder bestehen zwischen-menschliche Probleme, so sind Väter überdurchschnittlich häufig ebenfalls betroffen.
Als Kinderarzt schenke ich dem väterlichen Befinden mehr Beachtung, indem ich die Väter auf ihr Befinden anspreche.
Wir müssen unsere Gespräche auf Alltagsstress, mangelnden sozialen Rückhalt, eine schwierige Ehebeziehung, den sozioökonomischen Status und andere familiäre und soziale Faktoren fokussieren. Ein
gestörtes Verhältnis bei der gemeinsamen Kindererziehung scheint ein wichtiger Mechanismus für die depressive „Ansteckung“ bei Eltern mit Kleinkindern zu sein.
Das erfolgreiche Hineinwachsen in die Mutterrolle wird durch eine starke, intime Beziehung mit ihrem Partner und dem verbundenen sozialen Rückhalt erleichtert. Erfolgreiche und belastbare intime
Beziehungen können die Anfälligkeit eines Menschen gegenüber Stressfaktoren des Alltags ausgleichen. Somit ist die elterliche Beziehung vor der Schwangerschaft (effektive Kommunikation, konkrete
gegenseitige Unterstützung, gemeinsame Interessen/Zeit, gemeinsame Wertvorstellungen) ein zentraler Faktor. Er beeinflusst die Wirkung von Stressfaktoren auf Eltern mit Kleinkindern[Paulson, J.
(2010): Psychiatric Times, February].
Eine Depression eines oder beider Elternteile wirkt sich langfristig negativ auf die Entwicklung des Kindes aus. Betroffene Kinder zeigen häufig weniger Sozialkompetenz und sind oft
verhaltensauffällig und hyperaktiv. Ausserdem scheinen sie bis ins hohe Erwachsenenalter einem erhöhten Risiko für Angststörungen, Depressionen und Substanzmissbrauch ausgesetzt zu sein.
Eine Depression des Vaters wirkt sich doppelt so häufig negativ auf die Psyche der Knaben als auf die der Mädchen aus.
Empfehlung
In der Wochenbett-Zeit (erste 6-8 Wochen) empfehle ich den Vätern, in einer ruhigen Zeit, zum Beispiel beim Nachhausekommen das Kind Haut auf Haut auf den Körper zu nehmen und sich auf dem Sofa
auszustrecken. In dieser Stimmung spüren Sie bald in ruhiger Atmung die Stimmung Ihres Kindes. Es hat bei Ihnen am Körper nie kalt!
Ein dünnes Tüchlein zum Zudecken genügt. Auch ein unruhiges Kind wird sich so schneller beruhigen. Sie werden nach einem arbeitsintensiven Tag bald gemeinsam einschlafen. Das anschliessende Nachtessen wird in entspannterer Atmosphäre stattfinden. Ihre Frau nutzt diese Vater-Kind-Zeit am besten für eigene freie Zeit, warum nicht gemütlich im Badezimmer.
Für die FREUNDSCHAFT von Zweien
Ist die Geduld von einem nötig.
(aus Asien)
Momente des Vertrauens: Zum Vergrößern der Galerie klicken Sie bitte auf eines der Bilder.